Donnerstag, 19. Januar 2017
2016 - Wechsel nach Schramberg-Heiligenbronn
Länger habe ich nichts über Julian und seinen Lebensweg geschrieben.

Schon länger plagte mich die Frage, wo wird mein Sohn am besten gefördert und wo wird er zukünftig einen Lebensplatz finden - denn eins ist mir klar: Es wird mich nicht ewig geben.

Ein behindertes Kind in fremde Hände zu geben, fällt mir jedenfalls nicht leicht.
Nur meiner großen Hartnäckigkeit wegen haben wir endlich den gewünschten Wohnplatz in Schramberg-Heiligenbronn bekommen. Immerhin.

September 2016 war es also so weit. Mir ging es nicht gut damit. Julian auch nicht. Jetzt wohnt er unter der Woche in Schramberg-Heiligenbronn.
Am WE hole ich ihn nach Hause. Die Eingliederungshilfe bezahlt 6! Familienheimfahrten im Jahr. Jedes mal, wenn ich ihn abhole, bricht er in Tränen aus, wenn er wieder hochfährt, sagt er "hierbleiben".

Aber eine wirklich gute Alternative im Raum Freiburg mit ansprechendem Wohnplatz hatte sich bis dahin einfach nicht aufgetan. Ewig soll Julian ja nicht bei seinen Eltern wohnen. Ein Stück weit keimt im Laufe der Zeit auch der Wunsch nach eigenen Freiräumen auf. Eltern werden schließlich auch älter.

Die Lebenshilfe plant zwar ein weiteres Wohnprojekt wie die Vaubaunaise:
http://www.vaubanaise.de/
http://www.lebenshilfe-breisgau.de/Offene-Hilfen/Unterstuetztes-Wohnen/Wohnprojekte.html
aber bis zur Realisierung dauert es sicher noch 1 - 2 Jahre.
Wir waren auch schon auf einem Treffen von interessierten Jugendlichen und ihren Angehörigen. Grundsätzlich gefällt mir diese Idee, dass Jugendliche mit verschiedenen Behinderungen in einem gemeinsamen Wohnraum mit nicht-behinderten Menschen mit einem guten Betreuer-Schlüssel leben können. Den geeigneten Förder- und Betreuungsbereich habe ich damit im Raum Freiburg aber noch nicht gefunden. Die Eingliederungshilfe bezahlt "nur" die Gruppen der Caritas in Freiburg, nicht aber Fahrten z.b. zur antrophosophischen Einrichtung in Mülheim/Kandern/Waldkirch, so dass hier wieder, wenn Julian je einen Platz bekommt, was einem 6 - er im Lotto gleich kommt, zahlungswillige/fähige Eltern gefragt wären.

Ich habe in Schramberg-Heiligenbronn schon mehrfach angeregt, eine Werkstatt mit angegliedertem Fub im Raum Freiburg zu planen. Es gibt hier zwar eine Seh-Behinderten-Schule in Waldkirch, eine Gehörlosen-Schule in Stegen, aber es gibt keine Anschluß-Einrichtungen.
Die Caritas ist spezialisiert auf geistige oder körperliche Behinderung, Fachlichkeit in Richtung Gehörlosigkeit oder Blindheit/Sehbehinderung muß man suchen. Davon abgesehen sind sie personell oft nicht so gut ausgestattet.

Ich stelle mir für meinen blinden, geistig behinderten Sohn dennoch vor, dass er in der Nähe wohnen und leben kann und ein Stück weit ein selbstbestimmtes, eigenständiges Leben führen können wird. Mit zwei Kräften auf einer Wohngruppe mit 11 behinderten Menschen, davon noch der ein oder andre im Rollstuhl, wie es die Caritas oder Arbeiterwohlfahrt anbietet, ist das ganz sicher nicht möglich.

Bisher profitieren von der Inklusion v.a. die behinderten Menschen, die Ihre Wünsche formulieren können. Was ist aber mit den vielen anderen behinderten Menschen? Wann werden Sie endlich als Menschen ernst genommen? Haben nicht auch sie ein Recht auf Bewegung, frische Luft, geistige Anregung, menschliche Zuwendung?

Ich hoffe, dass sich in den kommenden Jahren hier noch einiges passieren wird. Für alles mögliche wird in Deutschland Geld ausgegeben - alte, kranke, behinderte Menschen stehen hier leider nicht an erster Stelle. Dabei kann es jeden von uns treffen!