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Samstag, 25. April 2015
Inklusion und Lehrerausbildung 2015
julian 1997, 14:16h
Am Dienstag berichtete SPIEGEL ONLINE über einen Bundesländervergleich zur Inklusion und stellten fest, dass noch viele Lehramtsstudenten viel zu wenig über den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung Bescheid wissen. Deshalb ist eine Reform der allgemeinen Lehrerausbildung dringend notwendig.
Inklusion kommt in Lehrerausbildung zu wenig vor
Bundesländervergleich zur Inklusion: Lehramtsstudenten lernen zu wenig über Umgang mit Behinderten
Von Bernd Kramer
Inklusion an einem Gymnasium in Karlsruhe: Nicht jede Universität bereitet künftige Lehrer gut auf die Aufgabe vor Zur Großansicht
DPA
Inklusion an einem Gymnasium in Karlsruhe: Nicht jede Universität bereitet künftige Lehrer gut auf die Aufgabe vor
Lehrer sollen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam unterrichten, Deutschland hat sich zu Inklusion an Schulen verpflichtet. Doch angehende Pädagogen
werden kaum darauf vorbereitet, wie ein Vergleich der Bundesländer zeigt.
Sollte es im Musikunterricht einen Unterschied machen, ob ein Kind behindert ist oder nicht? Sollte es nicht, findet die Musikhochschule Lübeck - und bildet
angehende Musiklehrer so aus, dass sie Klassen unterrichten können, in denen auch behinderte Kinder sitzen.
Vor einigen Tagen startete die Hochschule mit einer Schwerpunktveranstaltung, in der Lehramtsstudenten sich in Workshops über Themen wie Tanzen bei Hörschädigung
informieren konnten. Ähnliche Seminare sind künftig im Curriculum eingeplant. Die Hochschule ist stolz darauf, die erste ihrer Art zu sein, die Lehrer
systematisch auf Inklusion vorbereitet - also auf den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Handicap.
Wie weit die Lehrerausbildung davon vielerorts allerdings noch entfernt ist, zeigt der neue "Monitor Lehrerbildung", der SPIEGEL ONLINE vorab vorliegt.
Erstellt wurde der Überblick von der Bertelsmann-Stiftung, dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), der Telekom-Stiftung und dem Stifterverband für
die Deutsche Wissenschaft. Sie haben Auskünfte der Hochschulen und der Länder zusammengetragen.
Die wichtigsten Ergebnisse:
• Lediglich sechs Bundesländer (siehe Karte) sehen Pflichtveranstaltungen zur Inklusion für alle künftigen Lehrerinnen und Lehrer im Studium vor.
• In Thüringen sind diese Veranstaltungen nur für Studenten bestimmter Lehramtsstudiengänge verpflichtend.
• Pflichtveranstaltungen für einige Lehramtsstudiengänge planen zudem Baden-Württemberg und das Saarland, in Berlin sollen künftig alle Lehramtsstudenten
in ihrem Studium Seminare zur Inklusion besuchen müssen.
• Viele andere Länder konnten keine oder nur unklare Angaben machen.
Der Befund überrascht insofern, als sich die Kultusminister der Länder bereits vor mehr als drei Jahren darauf verständigt hatten, dass Inklusion in der
Ausbildung aller Lehrer eine Rolle spielen sollte. "Die Länder gewährleisten, dass sich Lehrkräfte aller Schulformen in Aus-, Fort-und Weiterbildungen
auf einen inklusiven Unterricht vorbereiten", heißt es in dem
Beschluss vom Oktober 2011.
Die Bundesrepublik Deutschland hatte sich 2009 in der Uno-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, mehr Kindern mit Beeinträchtigung den Besuch einer
Regelschule zu gewähren und auch die Lehrkräfte besser für diese Aufgabe auszubilden.
Viele Pädagogen klagen jedoch darüber, dass sie sich von der Inklusion überfordert fühlen.
So verschieden die Vorgaben der Länder, so zögerlich bereiten auch die Hochschulen künftige Lehrer auf den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht
behinderter Kinder vor. Nur 15 der 60 Hochschulen, die zu dieser Frage Angaben machten, bieten bereits Seminare und Kurse zur Inklusion an, die für Studenten
aller Lehrämter verpflichtend sind. Neun Hochschulen planen dies immerhin. Insgesamt sind damit bislang nur an der Hälfte aller befragten Hochschulen Inklusionsveranstaltungen
im Studium vorgesehen. Noch exotischer sind verbindliche Praktika, bei denen nicht nur Grund- und Sonderschullehrer, sondern auch angehende Gymnasiallehrer
Erfahrungen mit behinderten Kindern machen können.
Dabei gibt es Hinweise darauf, dass der Erfolg von Inklusion nicht nur von Geld und Kapazitäten in den Schulen abhängt - sondern auch davon, wie gut das
Studium künftige Lehrer darauf vorbereitet. Die Erziehungswissenschaftlerin Irene Demmer-Dieckmann hat Lehramtsstudenten vor und nach einem Inklusionsseminar
an der TU Berlin befragt. Die Veranstaltung war für die Studenten verpflichtend - und führte offenbar dazu, dass sie eine deutlich wohlwollendere Einstellung
der Inklusion gegenüber entwickelten.
Zu Beginn des Seminars waren noch 47 Prozent der Studenten der Meinung, ein Schüler mit Behinderung würde auf einer Sonderschule am besten gefördert. Am
Ende des Semesters hatte sich das Bild gedreht: 88 Prozent waren nun der Auffassung, dass Sonderschulen nicht die beste Möglichkeit sind, um behinderte
Schüler zu fördern. Vor dem Seminar konnten sich 51 Prozent der Lehramtsstudenten vorstellen, an einer Schule zu arbeiten, an der Schüler mit und ohne
Behinderung gemeinsam unterrichtet werden. Nach dem Seminar waren es 84 Prozent.
Die Uni hatte einigen künftigen Lehrern offenbar die Augen geöffnet für das, was möglich ist. "Vor dem Seminar wusste ich nicht, dass behinderte und nicht
behinderte Kinder überhaupt gemeinsam unterrichtet werden können", hatte eine Studentin der Erziehungswissenschaftlerin erklärt. "Ich kannte nur Sonderschulen
und Werkstätten für Behinderte. Ich dachte, das ist alles gut und richtig so."
Die Herausgeber des "Monitors Lehrerbildung" fordern daher nun, dass Thema Inklusion im Lehramtsstudium auszubauen. "Die gesamte Lehrerbildung muss auf
die Erfordernisse inklusiver Schulpraxis hin neu gestaltet und strukturiert werden", sagt Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Telekom-Stiftung.
mit Material von dpa
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/inklusion-kommt-in-lehrerausbildung-zu-wenig-vor-a-1027715.html
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Landesblinden- und -sehbehindertenverband Baden-Württemberg-Aktuell
Inklusion kommt in Lehrerausbildung zu wenig vor
Bundesländervergleich zur Inklusion: Lehramtsstudenten lernen zu wenig über Umgang mit Behinderten
Von Bernd Kramer
Inklusion an einem Gymnasium in Karlsruhe: Nicht jede Universität bereitet künftige Lehrer gut auf die Aufgabe vor Zur Großansicht
DPA
Inklusion an einem Gymnasium in Karlsruhe: Nicht jede Universität bereitet künftige Lehrer gut auf die Aufgabe vor
Lehrer sollen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam unterrichten, Deutschland hat sich zu Inklusion an Schulen verpflichtet. Doch angehende Pädagogen
werden kaum darauf vorbereitet, wie ein Vergleich der Bundesländer zeigt.
Sollte es im Musikunterricht einen Unterschied machen, ob ein Kind behindert ist oder nicht? Sollte es nicht, findet die Musikhochschule Lübeck - und bildet
angehende Musiklehrer so aus, dass sie Klassen unterrichten können, in denen auch behinderte Kinder sitzen.
Vor einigen Tagen startete die Hochschule mit einer Schwerpunktveranstaltung, in der Lehramtsstudenten sich in Workshops über Themen wie Tanzen bei Hörschädigung
informieren konnten. Ähnliche Seminare sind künftig im Curriculum eingeplant. Die Hochschule ist stolz darauf, die erste ihrer Art zu sein, die Lehrer
systematisch auf Inklusion vorbereitet - also auf den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Handicap.
Wie weit die Lehrerausbildung davon vielerorts allerdings noch entfernt ist, zeigt der neue "Monitor Lehrerbildung", der SPIEGEL ONLINE vorab vorliegt.
Erstellt wurde der Überblick von der Bertelsmann-Stiftung, dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), der Telekom-Stiftung und dem Stifterverband für
die Deutsche Wissenschaft. Sie haben Auskünfte der Hochschulen und der Länder zusammengetragen.
Die wichtigsten Ergebnisse:
• Lediglich sechs Bundesländer (siehe Karte) sehen Pflichtveranstaltungen zur Inklusion für alle künftigen Lehrerinnen und Lehrer im Studium vor.
• In Thüringen sind diese Veranstaltungen nur für Studenten bestimmter Lehramtsstudiengänge verpflichtend.
• Pflichtveranstaltungen für einige Lehramtsstudiengänge planen zudem Baden-Württemberg und das Saarland, in Berlin sollen künftig alle Lehramtsstudenten
in ihrem Studium Seminare zur Inklusion besuchen müssen.
• Viele andere Länder konnten keine oder nur unklare Angaben machen.
Der Befund überrascht insofern, als sich die Kultusminister der Länder bereits vor mehr als drei Jahren darauf verständigt hatten, dass Inklusion in der
Ausbildung aller Lehrer eine Rolle spielen sollte. "Die Länder gewährleisten, dass sich Lehrkräfte aller Schulformen in Aus-, Fort-und Weiterbildungen
auf einen inklusiven Unterricht vorbereiten", heißt es in dem
Beschluss vom Oktober 2011.
Die Bundesrepublik Deutschland hatte sich 2009 in der Uno-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, mehr Kindern mit Beeinträchtigung den Besuch einer
Regelschule zu gewähren und auch die Lehrkräfte besser für diese Aufgabe auszubilden.
Viele Pädagogen klagen jedoch darüber, dass sie sich von der Inklusion überfordert fühlen.
So verschieden die Vorgaben der Länder, so zögerlich bereiten auch die Hochschulen künftige Lehrer auf den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht
behinderter Kinder vor. Nur 15 der 60 Hochschulen, die zu dieser Frage Angaben machten, bieten bereits Seminare und Kurse zur Inklusion an, die für Studenten
aller Lehrämter verpflichtend sind. Neun Hochschulen planen dies immerhin. Insgesamt sind damit bislang nur an der Hälfte aller befragten Hochschulen Inklusionsveranstaltungen
im Studium vorgesehen. Noch exotischer sind verbindliche Praktika, bei denen nicht nur Grund- und Sonderschullehrer, sondern auch angehende Gymnasiallehrer
Erfahrungen mit behinderten Kindern machen können.
Dabei gibt es Hinweise darauf, dass der Erfolg von Inklusion nicht nur von Geld und Kapazitäten in den Schulen abhängt - sondern auch davon, wie gut das
Studium künftige Lehrer darauf vorbereitet. Die Erziehungswissenschaftlerin Irene Demmer-Dieckmann hat Lehramtsstudenten vor und nach einem Inklusionsseminar
an der TU Berlin befragt. Die Veranstaltung war für die Studenten verpflichtend - und führte offenbar dazu, dass sie eine deutlich wohlwollendere Einstellung
der Inklusion gegenüber entwickelten.
Zu Beginn des Seminars waren noch 47 Prozent der Studenten der Meinung, ein Schüler mit Behinderung würde auf einer Sonderschule am besten gefördert. Am
Ende des Semesters hatte sich das Bild gedreht: 88 Prozent waren nun der Auffassung, dass Sonderschulen nicht die beste Möglichkeit sind, um behinderte
Schüler zu fördern. Vor dem Seminar konnten sich 51 Prozent der Lehramtsstudenten vorstellen, an einer Schule zu arbeiten, an der Schüler mit und ohne
Behinderung gemeinsam unterrichtet werden. Nach dem Seminar waren es 84 Prozent.
Die Uni hatte einigen künftigen Lehrern offenbar die Augen geöffnet für das, was möglich ist. "Vor dem Seminar wusste ich nicht, dass behinderte und nicht
behinderte Kinder überhaupt gemeinsam unterrichtet werden können", hatte eine Studentin der Erziehungswissenschaftlerin erklärt. "Ich kannte nur Sonderschulen
und Werkstätten für Behinderte. Ich dachte, das ist alles gut und richtig so."
Die Herausgeber des "Monitors Lehrerbildung" fordern daher nun, dass Thema Inklusion im Lehramtsstudium auszubauen. "Die gesamte Lehrerbildung muss auf
die Erfordernisse inklusiver Schulpraxis hin neu gestaltet und strukturiert werden", sagt Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Telekom-Stiftung.
mit Material von dpa
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/inklusion-kommt-in-lehrerausbildung-zu-wenig-vor-a-1027715.html
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