Montag, 5. Dezember 2011
18 oder willkommen im Zahl-Alter
Unser Julian ist jetzt 18 - zumindest auf dem "Papier".

Eigentlich hat sich ja nichts geändert. Er ist wie immer, Julian eben. Nur ein Jahr älter.

Dafür hat sich finanziell einiges geändert. Denn Julian ist im Zahl-Alter angekommen. Jedes Quartal müssen wir nun 10 Euro Praxisgebühr bezahlen. Für jedes Hilfsmittel gibt es einen Eigenanteil zu berappen. Den durften wir für den neuen Blindenstock und Talker bezahlen.
Am härtesten greift diese Regelung bei der Windelversorgung: 22 Euro pro Karton Eigenanteil, weil ich die besseren Windeln möchte. Selbst mit diesen ist er an manchem morgen bis auf´s Leintuch durchnässt.
Selber bezahlen kann er ja nichts - er hat ja kein eigenes Einkommen, kann nicht jobben gehen wie gesunde Jugendliche oder eine Berufsausbildung machen.

Das Pflegegesetzt ist eindeutig nicht für Behinderte gemacht worden.

Dass unser Julian nie so viel eigenes Geld verdienen wird, um davon leben zu können, interessiert niemanden wirklich.

Wir dürfen das schön von unserem Einkommen leisten, und zwar solange, bis wir 1 % vom Einkommen erreicht haben. Erst dann ist eine Befreiung auf Antrag möglich.

Meiner Meinung nach gehören Eigenanteile an Medikamenten und Hilfsmitteln sowie eine Praxisgebühr allenfalls erhoben, wenn auch eigenes Einkommen erwirtschaftet wird. Denn wer sucht sich seine Behinderung schon selber aus?

Familienangehörige tragen genug am Schicksal der Familienmitglieder. Ich für meine Person habe meine Berufstätigkeit aufgegeben, verzichte auf ein angemessenes Einkommen und auf eine Rente, von der ich in 20 Jahren leben könnte.

Ganz wichtig: Für behinderte Kinder, die 18 werden, muss rechtzeitig eine Betreuung beim Amtsgericht beantragt werden, wenn sie so behindert sind, dass sie ihre Angelegenheiten nicht selber regeln können.

Behinderte sind jedenfalls nicht über Nacht weniger behindert, bloss weil sie 18 geworden sind.

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